Mittwoch, Juni 21, 2006

Hohlbirnen beim Holbein

Tja, da wollte ich ja schon lang mal schreiben, wie faszinierend ich es finde, dass Little Q. anscheinend alle Leute quer durch alle Alters- und sonstige Schichten begeistert (okay, ist in Basel auch leicht, wenn man kurz nach Anpfiff Schweiz : Togo mit einem riesengrossen Hopp-Schwiiz-Gasballon am Kinderwagen unterwegs ist), da kamen mir gestern zwei Sargnägel unter, die diesem Eintrag nun einen anderen Tenor geben.
An unserem wöchentlichen Jour fixe haben die Mutter von diesem kleinen Herrn und ich diesmal als Kulturprogramm die
Holbein-Ausstellung im Kunstmuseum ins Auge gefasst. Nicht, dass wir die unglaublichen Kenner wären, nein, aber man kann ja nicht immer nur am Sandkasten sitzen, im Museum ist es klimatisiert, der Museumspass muss sich langsam amortisieren, und irgendwie interessiert es einen ja dann doch.
Die beiden Zwerge wurden also museumsfein gemacht, will heissen, Hosen an, voller Magen, ausgeschlafen, ab ging die Post. Tja, und wie das bei zwei gutgelaunten Zehnmonatigen öfter der Fall ist, haben sie die Bilder, die Umgebung, sich selber etc. mit fröhlichen Lauten (adadadaaaaaa, eieieiei, iiiiiih, mamamamama, bababababa, eitli etc.) nicht immer nur im Flüsterton kommentiert.
Tja, und nach einigen bösen Blicken schritt die erste Holbeinjüngerin zur Tat und bat uns relativ höflich, unsere Zwerge doch draussen zu beruhigen und später wiederzukommen, weil sie das Geschrei bei der Konzentration störe. Wir kamen gar nicht dazu, zu erklären, dass dieser Status das ruhigste ausser Tiefschlaf ist, an das bei den beiden zu denken ist, da kam schon der nächste Kunstkenner an, der uns (lauter als die beiden Zwerge zusammen) anbrüllte:" Ein Museum ist keine Kinderverwahranstalt, Sie sind ja nicht in der Lage mit Kindern umzugehen, unverschämt, was Sie sich herausnehmen...." Bevor wir mit unserem Konter fertig waren (Mütter nicht nur an den Sandkasten verbannen, nirgends steht, dass Kinder nicht erlaubt sind, wir haben auch Eintritt bezahlt, die beiden sind eh brav, ist doch gut, dass nicht alle Kinder nur mit Videospielen aufwachsen, kein Wunder, dass bei dieser Haltung keiner mehr Kinder bekommt, sie zahlen schliesslich seine Rente, hoffentlich stirbt er mal alt und verlassen), da holte er schon zum finalen Schlag aus: "Wenn Sie nicht freiwillig gehen, dann beschwere ich mich bei der Museumsleitung. Blieb es also unsererseits bei einem lapidaren: "Okay, dann machen Sie das".
Die Ausstellung an sich war gar nicht so toll, aber nach dieser Aktion mussten wir natürlich alles anschauen. Dadurch haben wir auch Little Q.s Lieblings-Holbein entdeckt: einen mit einem Eichhörnchen.
Alle anderen Besucher fanden die beiden übrigens "megahäärzig".
Nicht dass hier ein falscher Eindruck entsteht: ich verstehe durchaus, dass nicht alle Leute uneingeschränkt begeistert von kleinen Kindern und klebrigen Fingern auf Gesicht, Brille und Designerklamotten sind. Wenn ein bisschen Höflichkeit im Spiel gewesen wäre, wären wir evtl. sogar gegangen, aber so? Never! Zur Ehrenrettung der Eidgenossen (danach) sei noch gesagt, dass die beiden Spassbremsen übrigens Deutsche waren.
Achja, und was habe ich mir einen abgegrinst, als, kaum waren wir mit unserem Schnelldurchlauf fertig, eine Schulklasse, Durchschnittsalter vermutlich 13, denen man ihr Desinteresse am Holbein und den Wunsch, im Freibad oder beim Fussballschauen zus ein, sehr deutlich ansah, in die Ausstellung eskortiert wurde. Die waren bestimmt nicht so "häärzig"....

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